1989 - 1990 Wende-Zeiten

Chroniken

Chronik der Politischen Ereignisse 1989

11. Januar

20 ausreisewillige DDR-Bürger verlassen nach der Zusicherung von Straffreiheit die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin. Sie hatten ihre Ausreise erzwingen wollen.

19. Januar

Vor dem Thomas-Müntzer-Komitee vertritt Erich Honecker die Auffassung, dass die Mauer „in fünfzig oder hundert Jahren noch bestehen“ werde.
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"Aktuelle Kamera" vom 19.01.1989, Erich Honecker
"Aktuelle Kamera" vom 19.01.1989, Erich Honecker

06. Februar

Bei seinem Fluchtversuch wird der 20jährige Chris Gueffroy in der Nacht vom 5. auf den 6. Februar von DDR-Grenzsoldaten erschossen. Er ist das letzte Opfer des Schießbefehls an der Mauer.

03. März

Die ständig in der DDR lebenden Ausländer erhalten das aktive und passive Wahlrecht bei Komunalwahlen.

08. März

Bei einem Fluchtversuch aus der DDR mit einem selbst gebastelten Heißluftballon stürzt der 32-jährige Winfried Freudenberg über West-Berlin ab und erleidet tödliche Verletzungen.

12. März

Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann und Bundesbauminister Oscar Schneider sagen ihren geplanten Besuch bei der Leipziger Frühjahrsmesse ab. Sie protestieren damit gegen die von DDR-Soldaten zwei Tage zuvor auf flüchtende Bürger abgegebenen Schüsse.

16. März

Die DDR-Regierung lädt aufgrund der Absage von Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann und Bundesbauminister Oscar Schneider den Bundesumweltminister Klaus Töpfer zur Leipziger Frühjahrsmesse ein.

03. April

Der Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze wird ausgesetzt.  

17. April

Die unabhängige Gewerkschaft Solidarność wird in Polen nach langjährigem Verbot wieder zugelassen.

02. Mai

Ungarn beginnt mit dem Abbau der Grenzbefestigungen zu Österreich.

07. Mai

Offizielle Bekanntgabe der Ergebnisse der Kommunalwahlen in der DDR. Danach entfallen 98,85 Prozent der Stimmen auf die Kandidaten der Einheitslisten. Von Oppositionellen werden zum ersten Mal Kontrollen vorgenommen und vielerorts Wahlfälschung festgestellt.
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"Aktuelle Kamera" vom 07.05.1989
"Aktuelle Kamera" vom 07.05.1989

02. Juni

Das DDR-Außenministerium erklärt, das Ergebnis der Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989 sei korrekt.

04. Juni

Das chinesische Militär beendet gewaltsam die monatelangen Studentenproteste und die Belagerung des Platzes des Himmlischen Friedens (Tiananmen-Massaker).
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04. Juni

Die ersten halbfreien Wahlen in Polen finden statt. Die Gewerkschaft Solidarność geht als klarer Gewinner aus den Wahlen hervor.

07. Juni

Eine Demonstration gegen die Fälschung der Kommunalwahlergebnisse wird vom Staatssicherheitsdienst aufgelöst.

08. Juni

Die DDR-Volkskammer bewertet das Tiananmen-Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking als "Niederschlagung einer Konterrevolution" und zeigt Verständnis für den Einsatz des Militärs.
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12. Juni

Besuch des sowjetischen Staats- und Parteichefs Michail Gorbatschow vom 12. bis 15. Juni in Bonn, bei dem er zum Abschluss erklärt: „Die Mauer kann wieder verschwinden, wenn die Voraussetzungen entfallen, die sie hervorgebracht haben".
"Aktuelle Kamera" vom 13.06.1989, Michail Gorbatschow und Helmut Kohl
"Aktuelle Kamera" vom 13.06.1989, Michail Gorbatschow und Helmut Kohl

27. Juni

In einer symbolischen Aktion zerschneiden der ungarische Außenminister Gyula Horn und sein österreichischer Amtskollege Alois Mock den Stacheldrahtzaun an der gemeinsamen Grenze bei Sopron und öffnen damit den Eisernen Vorhang. Die Grenzsperren werden zwar beseitig, die Grenzkontrollen bleiben jedoch bestehen. In der DDR kommt es zu einem verstärkten Flüchtlingsstrom nach Ungarn.  

07. Juli

Auf der ersten Ostblock-Gipfelkonferenz seit 1968 in Bukarest gesteht der sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow jedem sozialistischen Staat die Souveränität zu. Die so genannte Breschnew-Doktrin vom November 1968 wird damit aufgegeben.  

08. August

Die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin wird wegen Überfüllung für den Besucherverkehr geschlossen. In der Vertretung halten sich über 130 ausreisewillige DDR-Bürger auf.

10. August

Die Lufthansa eröffnet die erste deutsch-deutsche Fluglinie zwischen Leipzig und Frankfurt am Main. Da die innerdeutsche Grenze nicht überflogen werden darf, muss die Maschine einen Umweg über die CSSR fliegen.

13. August

In Budapest wird die Botschaft der Bundesrepublik wegen Überfüllung geschlossen. Rund 180 DDR-Bürger versuchen über diesen Weg eine Ausreise in den Westen zu erwirken.

19. August

Anlässlich des „Paneuropäischen Picknicks“ in Ungarn flüchten etwa 900 DDR-Bürger über die „grüne Grenze“ nach Österreich.

22. August

Die Botschaft der Bundesrepublik in Prag wird wegen Überfüllung geschlossen. Rund 140 Bürger der DDR wollen über die Botschaft in den Westen aussiedeln.

24. August

Durch eine einmalige humanitäre Aktion der ungarischen Regierung erhalten 108 DDR-Bürger, die sich in der Botschaft der Bundesrepublik aufhalten, die Ausreisegenehmigung in den Westen.  
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04. September

Die erste Montagsdemonstration in Leipzig findet im Anschluss an das traditionelle Friedensgebet in der Nikolaikirche statt. Die Demonstrationsteilnehmer fordern Reisefreiheit und die Abschaffung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS).

07. September

Auf dem Alexanderplatz in Ost-Berlin wird gegen die Wahlfälschung bei den Kommunalwahlen vom 7. Mai protestiert. DDR-Sicherheitskräfte nehmen etwa 80 Personen vorübergehend fest.

08. September

Alle DDR-Bürger, die in den vergangenen Wochen Zuflucht in der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin gesucht hatten, verlassen diese freiwillig. Ihnen wurde im Namen der DDR-Regierung von Rechtsanwalt Wolfgang Vogel Straffreiheit und juristische Hilfe versprochen.

10. September

Veröffentlichung des Gründungsaufrufs "Aufbruch 1989 - Neues Forum".

11. September

Ohne Absprache mit der DDR-Regierung lässt Ungarn in der Nacht vom 10. auf den 11. September alle ausreisewilligen DDR-Bürger die Grenze zum Westen passieren.

12. September

Die DDR-Regierung protestiert gegen die Öffnung der ungarischen Grenze für Bürger der DDR und bezeichnet die Vorgänge als "organisierten Menschenhandel".
Aufruf zur Gründung der Bürgerbewegung Demokratie Jetzt (DJ) in der DDR.

19. September

Als erste Oppositionsgruppe beantragt das Neue Forum die offizielle Zulassung als Vereinigung in der DDR.
In Warschau muss die Botschaft der Bundesrepublik wegen Überfüllung mit ausreisewilligen DDR-Bürgern vorübergehend geschlossen werden.

20. September

Die Zulassung des Neuen Forums als Vereinigung wird wegen angeblicher "Verfassungswidrigkeit“ abgelehnt.
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25. September

Demonstration in Leipzig für Reformen und gegen das Verbot des Neuen Forums.

26. September

Einige DDR-Bürger verlassen die Botschaft der Bundesrepublik in Prag und kehren in die DDR zurück. Es wird ihnen die Ausreise in den Westen innerhalb von sechs Monaten zugesichert.

30. September

Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher verkündet in der Botschaft der Bundesrepublik in Prag, dass alle DDR-Flüchtlinge, die sich in den deutschen Botschaften in Prag und Warschau befinden, ausreisen dürfen. Die Ausreiseerlaubnis ist das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Außenministern der UdSSR, DDR, CSSR, Polens und der Bundesrepublik am Rande der UN-Vollversammlung in New York.
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01. Oktober

In Ost-Berlin wird die Oppositionsgruppe Demokratischer Aufbruch (DA) gegründet.

01. Oktober

Sonderzüge aus Warschau und Prag mit DDR-Flüchtlingen durchqueren die DDR. DDR-Bürger versuchen auf die Züge aufzuspringen.

02. Oktober

Die bisher größte Demonstration für Demokratie in Leipzig wird von DDR-Sicherheitsorganen gewaltsam aufgelöst.

03. Oktober

Die DDR-Regierung setzt den visumsfreien Reiseverkehr mit der Tschechoslowakei vorübergehend bis 11. November 1989 aus.
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04. Oktober

Sonderzüge aus Prag und Warschau befördern erneut DDR-Flüchtlinge über das Territorium der DDR in die Bundesrepublik. Auf dem Transportweg befindliche Bahnhöfe und Gleise werden gesperrt, um zu verhindern, dass DDR-Bürger auf die Züge aufspringen.  
Am Dresdner Hauptbahnhof kommt es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Ausreisewilligen und DDR-Sicherheitskräften, weil tausende DDR-Bürger auf die Sonderzüge in die Bundesrepublik aufspringen wollen.
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07. Oktober

40. Jahrestag der DDR. Der sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow nimmt an den Festveranstaltungen zum Jubiläum teil und tritt vor die Presse. Er wird später mit dem Ausspruch „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ zitiert, den er wörtlich so nie gesagt hat.
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"Aktuelle Kamera" vom 06.10.1989, Michail Gorbatschow
"Aktuelle Kamera" vom 06.10.1989, Michail Gorbatschow
Die Sozialdemokratische Partei (SDP) in der DDR gründet sich in Schwante bei Berlin.
In mehreren Städten der DDR finden Demonstrationen für Meinungsfreiheit und Reformen statt, die von DDR-Sicherheitskräften aufgelöst werden. Es erfolgt die Festnahme von über tausend Demonstranten.

09. Oktober

Rund 70.000 Menschen demonstrieren in Leipzig für eine demokratische Erneuerung des Landes ("Wir sind das Volk - keine Gewalt"). Erstmals halten sich die Sicherheitskräfte zurück.
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In Dresden empfängt Oberbürgermeister Berghofer (SED) eine Abordnung der Demonstranten, die ihm einen Forderungskatalog übergibt.

16. Oktober

In Leipzig findet die bislang größte Demonstration mit mehr als 120.000 Menschen statt. Erneut halten sich die Sicherheitskräfte zurück.
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18. Oktober

Rücktritt Erich Honeckers von all seinen Ämtern und Rücktritt des Politbüromitglieds Günter Mittag sowie des ZK-Sekretärs für Agitation und Propaganda Joachim Herrmann auf der 9. Tagung des Zentralkomitees der SED.
Kommunique des neuen SED-Generalsekretärs Egon Krenz vom 18.10.1989
Kommunique des neuen SED-Generalsekretärs Egon Krenz vom 18.10.1989
Der neue SED-Generalsekretär Egon Krenz wendet sich über das Fernsehen mit einem Kommuniqué an die Bürger der DDR. Er räumt ein, dass die SED in den zurückliegenden Monaten die reale Lage verkannt habe und verspricht, eine "Wende" einzuleiten.
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23. Oktober

Rund 300.000 Menschen demonstrieren in Leipzig am Abend vor der Wahl von Egon Krenz zum Staatsratsvorsitzenden.
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24. Oktober

Die DDR-Volkskammer wählt Egon Krenz zum Staatsratsvorsitzenden und Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates.
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27. Oktober

Der DDR-Staatsrat verkündet eine weitgehende Amnestie für Flüchtlinge und Demonstrationsteilnehmer.  
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28. Oktober

Konstituierung der DDR-Oppositionsgruppe Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) als landesweite Organisation

03. November

Erneute Ausreisewelle von DDR-Bürgern nach Beschluss der DDR-Regierung, dass Ausreisewillige das Land ohne Formalitäten über das Gebiet der Tschechoslowakei verlassen können.

04. November

Bei der genehmigten Demonstration der Künstler und Kulturschaffenden für mehr Demokratie versammeln sich auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz über 500.000 Menschen. Es sprechen unter anderem Stefan Heym, Christoph Hein und Christa Wolf. Auf Vorbehalte stoßen Redner wie Markus Wolf und vor allem Günter Schabowski, der mehrfach ausgepfiffen wird. Das Fernsehen der DDR überträgt die Veranstaltungen direkt und unangekündigt.
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Demonstration der Künstler und Kulturschaffenden in Berlin am 04.11.1989
Demonstration der Künstler und Kulturschaffenden in Berlin am 04.11.1989

06. November

In der Presse der DDR wird der Entwurf für ein neues Reisegesetz veröffentlicht. Nach heftiger öffentlicher Kritik verwirft der zuständige Volkskammerausschuss die Vorlage bereits am nächsten Tag.
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In Leipzig demonstrieren hunderttausende von Bürgern der DDR für unbeschränkte Reisemöglichkeiten, die Aufgabe des Führungsanspruchs der SED und freie Wahlen.

07. November

Der DDR-Ministerrat tritt geschlossen zurück.  
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08. November

Rücktritt des Politbüros auf der 10. Tagung des Zentralkomitees der SED. Wahl eines verkleinerten Politbüros. Egon Krenz wird als Generalsekretär bestätigt.
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09. November

Direktübertragung der Pressekonferenz mit Günter Schabowski zum Verlauf der 10. Tagung des Zentralkomitees der SED mit Aussage zur Grenzöffnung. Auf eine Nachfrage erklärt Schabowski, der Beschluss trete nach seiner Kenntnis "sofort, unverzüglich" in Kraft.
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Kurz vor Mitternacht öffnen sich die ersten Schlagbäume an der Berliner Mauer. Daraufhin drängen Tausende von Ost-Berlinern nach West-Berlin.

10. November

Millionen von Bürgern der DDR besuchen nach der Maueröffnung West-Berlin und die grenznahen Städte der Bundesrepublik.
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"Aktuelle Kamera" vom 10.11.1989, Situation am Brandenburger Tor
"Aktuelle Kamera" vom 10.11.1989, Situation am Brandenburger Tor
Bundeskanzler Helmut Kohl spricht am Abend vor dem Schöneberger Rathaus in West-Berlin. Von dieser Kundgebung wird der SPD-Ehrenvorsitzende Willy Brandt oft mit dem nicht gesagten Satz "Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört" zitiert.
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12. November

In mehreren Städten der DDR finden Kundgebungen und „Aktivtagungen“ der SED statt, auf denen die Basis für eine "Erneuerung der Partei von unten" plädiert. Auf einer Demonstration in Dresden verabschieden SED-Mitglieder den 1. Sekretär der Bezirksleitung in Dresden Hans Modrow nach Berlin.
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13. November

Rücktritt von Volkskammerpräsident Horst Sindermann. In erstmals geheimer Abstimmung wird Günther Maleuda (Vorsitzender der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands) zu seinem Nachfolger gewählt.
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Die Volkskammer wählt Hans Modrow zum neuen Ministerpräsidenten.

13. November

Abberufung des amtierenden Ministerrates auf der 11. Tagung der 9. Volkskammer. Die ehemaligen Mitglieder des Ministerrats Willi Stoph, Ernst Höfner, Gerhard Schürer und Erich Mielke beantworten Fragen der Abgeordneten und versuchen sich zu rechtfertigen. Originalton Erich Mielke: "Ich liebe, ich liebe doch alle, alle Menschen..."
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17. November

Ministerpräsident Hans Modrow stellt die Mitglieder seines Kabinetts vor und kündigt in seiner Regierungserklärung weitgehende Reformen an.
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Hans Modrow schlägt der Bundesregierung in seiner Regierungserklärung in Bezug auf die Deutschlandfrage einen Ausbau der Beziehungen hin zu einer Vertragsgemeinschaft vor. Er distanzierte sich zu diesem Zeitpunkt eindeutig von einer möglichen deutschen Wiedervereinigung.    

18. November

Das Ministerium für Staatssicherheit wird durch das Amt für Nationale Sicherheit ersetzt.

20. November

Über 200.000 Menschen haben durch ihre Unterschrift ihre Zustimmung zum Aufruf der Oppositionsgewegung "Neues Forum" ausgedrückt.

23. November

Auf Beschluss des Ministerrats werden Zollkontrollen eingeführt, um den Ausverkauf von DDR-Produkten zu verhindern.
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"Aktuelle Kamera" vom 23.11.1989, Grenzkontrolle Berlin-Friedrichshain
"Aktuelle Kamera" vom 23.11.1989, Grenzkontrolle Berlin-Friedrichshain

26. November

Mit dem Appell „Für unser Land“ rufen Intellektuelle aus der DDR dazu auf, die Eigenständigkeit der DDR zu bewahren und eine sozialistische Alternative zur Bundesrepublik zu entwickeln.
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"Aktuelle Kamera" vom 28.11.1989, Stefan Heym
"Aktuelle Kamera" vom 28.11.1989, Stefan Heym

28. November

Bundeskanzler Helmut Kohl legt dem Bundestag sein „Zehn-Punkte-Programm“ zur Deutschlandpolitik vor.
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29. November

Dem Appell "Für unser Land" schließen sich SED-Generalsekretär Egon Krenz sowie der DDR-Ministerpräsident Hans Modrow an.
"Aktuelle Kamera" vom 29.11.1989, Christa Wolf
"Aktuelle Kamera" vom 29.11.1989, Christa Wolf

01. Dezember

Das „Zehn-Punkte-Programm“ zur Überwindung der Teilung Deutschlands wird im Bundestag ohne die Stimmen der SPD und der Grünen gebilligt.
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Die DDR-Volkskammer beschließt auf ihrer 13. Tagung den Führungsanspruch der SED aus der Verfassung zu streichen. Im Artikel 1, Absatz 1, zweiter Halbsatz wird der Passus "unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei" getilgt.    
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03. Dezember

Die 12. Tagung des Zentralkomitees der SED beschließt die Auflösung von Politbüro und Zentralkomitee sowie den Parteiausschluss von Erich Honecker, Erich Mielke, Alexander Schalck-Golodkowski und weiteren Funktionären.
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Die ehemaligen Politbüromitglieder Günter Mittag und Harry Tisch sowie die Bezirkssekretäre Gerhard Müller und Hans Albrecht werden verhaftet.

04. Dezember

Bürger dringen in die Gebäude des Staatssicherheitsdienstes in Erfurt, Leipzig und weiteren Orten ein, um die Vernichtung von Stasi-Akten zu verhindern.  
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05. Dezember

Die CDU der DDR und die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD) geben ihren Austritt aus dem "Demokratischen Block der Parteien und Massenorganisationen" bekannt.

06. Dezember

Rücktritt von Egon Krenz als Staatsratsvorsitzender. Nachfolger wird der Vorsitzende der LDPD Manfred Gerlach.

07. Dezember

Auftakt zum Runden Tisch mit Vertretern der fünf ehemaligen Blockparteien und sieben Oppositionsgruppierungen. Im Ergebnis des Treffens in Ost-Berlin sprechen sich die Teilnehmer für die Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit aus und dafür, die ersten freien Wahlen am 6. Mai 1990 abzuhalten.
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08. Dezember

Der außerordentliche SED-Parteitag in Ost-Berlin spricht sich gegen die Parteiauflösung aus.     Gregor Gysi wird auf dem außerordentlichen SED-Parteitag zum neuen Parteivorsitzenden gewählt. Seine Stellvertreter werden Hans Modrow und der Dresdner Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer.
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Gregor Gysi auf dem außerordentlichen Parteitag der SED am 08.12.1989
Gregor Gysi auf dem außerordentlichen Parteitag der SED am 08.12.1989

11. Dezember

Bei den traditionellen Montagsdemonstrationen in der DDR wird der Ruf nach Wiedervereinigung lautstark erhoben.

15. Dezember

Der am 12. November gewählte Lothar de Maizière wird als Parteivorsitzender der CDU in der DDR bestätigt.

16. Dezember

Auf dem Sonderparteitag der SED benennt sich die Partei in SED-PDS (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands - Partei des Demokratischen Sozialismus) um.
Gründungsparteitag des Demokratischen Aufbruchs (DA) in Leipzig. Zum Vorsitzenden wird Wolfgang Schnur gewählt.

19. Dezember

Bundeskanzler Helmut Kohl und Ministerpräsident Hans Modrow vereinbaren Verhandlungen über eine deutsch-deutsche Vertragsgemeinschaft bei einem Treffen in Dresden.
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"Aktuelle Kamera" vom 19.12.1989, Helmut Kohl in Dresden
"Aktuelle Kamera" vom 19.12.1989, Helmut Kohl in Dresden
Helmut Kohl hält anläßlich seiner Reise nach Dresden eine Ansprache vor der Ruine der Frauenkirche.

22. Dezember

Wiedereröffnung des Brandenburger Tors in Berlin.
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"Aktuelle Kamera" vom 22.12.1989, Öffnung des Brandenburger Tors
"Aktuelle Kamera" vom 22.12.1989, Öffnung des Brandenburger Tors

24. Dezember

Die Einreise von Bundesbürgern und West-Berlinern in die DDR ist wieder ohne Visum und Zwangsumtausch möglich.

Chronik des DDR-Fernsehens 1989

19. Januar

Bericht der Nachrichtensendung „Aktuelle Kamera“: Vor dem Thomas-Müntzer-Komitee vertritt Erich Honecker die Auffassung, dass die Mauer „in fünfzig oder hundert Jahren noch bestehen“ werde.
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07. Mai

Der Leiter der Zentralen Wahlkommission Egon Krenz verliest im Fernsehen der DDR das vorläufige Ergebnis der Kommunalwahlen. Danach entfallen 98,85 Prozent der Stimmen auf die Kandidaten der Nationalen Front.
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"Aktuelle Kamera" vom 07.05.1989, Egon Krenz verliest das Wahlergebnis
"Aktuelle Kamera" vom 07.05.1989, Egon Krenz verliest das Wahlergebnis

30. Mai

Die „Aktuelle Kamera“ berichtet über das erste Konzert der Berliner Philharmoniker in Ostberlin seit dem Mauerbau 1961.

04. Juni

Das chinesische Militär beendet in der Nacht vom 3. auf den 4. Juni gewaltsam die Studentenproteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking (Tiananmen-Massaker). Das Fernsehen der DDR hält sich in der „Aktuellen Kamera“ in einem Telefonbeitrag von Mathias Ehrich an die Meldungen des chinesischen Fernsehens. Hiernach hätten Truppen der chinesischen Volksbefreiungsarmee einen „konterrevolutionären Aufruhr“ „zur Verteidigung der Sicherheit der Hauptstadt, der sozialistischen Ordnung und der Interessen des Volkes niedergeschlagen“, „wobei einige die wahre Situation verkannten. Es habe Tote und Verletzte gegeben.“
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"Aktuelle Kamera" vom 04.06.1989, Mathias Ehrich aus Peking
"Aktuelle Kamera" vom 04.06.1989, Mathias Ehrich aus Peking

08. Juni

Die „Aktuelle Kamera“ berichtet über die 9. Tagung der Volkskammer der DDR, in der die Abgeordneten eine Erklärung zu den Ereignissen auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking abgeben: „Die Abgeordneten der Volkskammer stellen fest, dass in der gegenwärtigen Lage die von der Partei- und Staatsführung der Volksrepublik China beharrlich angestrebte politische Lösung innerer Probleme infolge der gewaltsamen, blutigen Ausschreitungen verfassungsfeindlicher Elemente verhindert worden ist. Infolge dessen sah sich die Volksmacht gezwungen, Ordnung und Sicherheit unter Einsatz bewaffneter Kräfte wiederherzustellen. Dabei sind bedauerlicherweise zahlreiche Verletzte und auch Tote zu beklagen.“
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"Aktuelle Kamera" vom 8.06.1989, Angelika Unterlauf
"Aktuelle Kamera" vom 8.06.1989, Angelika Unterlauf

12. Juni

In der Sendereihe „Der schwarze Kanal“ polemisiert Karl-Eduard von Schnitzler gegen die westliche Berichterstattung zum Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking und spricht von „Konterrevolution“.
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05. August

Im DDR-Fernsehen wird erstmals Stellung zu Botschaftsflüchtlingen genommen.
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24. August

In der „Aktuellen Kamera“ wird in einem Kommentar des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes (ADN) dem Westfernsehen vorgeworfen, mit der Berichterstattung über den Aufenthalt von DDR-Bürgern in BRD-Botschaften und deren Ausreise „Menschen zu verführen und in ein ungewisses Schicksal zu treiben“.
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"Aktuelle Kamera" vom 24.08.1989, Hans-Dieter Lange
"Aktuelle Kamera" vom 24.08.1989, Hans-Dieter Lange

01. September

Die erste Sendung des Jugendmagazins „Elf 99“ wird im Fernsehen der DDR ausgestrahlt.
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"Elf99" vom 01.09.1989, Vorspann-Logo
"Elf99" vom 01.09.1989, Vorspann-Logo

04. September

Karl-Eduard von Schnitzler bezeichnet in der Sendereihe „Der schwarze Kanal“ die Berichte der BRD-Medien über die Ausreisewelle aus der DDR als „Einmischung“.
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21. September

Das „Neue Deutschland“ veröffentlicht ein Interview mit dem Mitropa-Koch H. Ferworn, der behauptet, von „Menschenhändlern“ nach Wien entführt worden zu sein. Man habe ihn mit einer präparierten Menthol-Zigarette betäubt. Am 3. November 1989 entschuldigt sich das „Neue Deutschland“ bei seinen Lesern für den Abdruck der Geschichte. Am 4. Januar 1990 wird dem Thema im Fernsehen der DDR eine Reportage mit dem Titel „Die Menthol-Zigaretten-Story. Eine Geschichte aus der alten DDR“ gewidmet.
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"Die Menthol-Zigaretten-Story" vom 04.01.1990
"Die Menthol-Zigaretten-Story" vom 04.01.1990

30. September

Bericht der „Aktuellen Kamera“ über den Beschluss, dass die DDR-Flüchtlinge, die sich in den Botschaften der BRD in Prag und Warschau aufhalten, in die BRD ausreisen dürfen.
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02. Oktober

Die „Aktuelle Kamera“ sendet einen Kommentar zu den Ausreisegenehmigungen aus der Warschauer und Prager Botschaft, in dem sie BRD-Außenminister Hans-Dietrich Genscher eine Inanspruchnahme des Ruhmes vorwirft.
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03. Oktober

Kommentar in der „Aktuellen Kamera“ zur vorübergehenden Aussetzung des visumfreien Verkehrs zwischen der DDR und der Tschechoslowakei. Olaf Dietze begründet die Entscheidung mit einer „Verleumdungskampagne“, die „mit dem Ziel der Manipulierung der Menschen im Sinne der Bonner Politik“ geführt werde.  
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04. Oktober

Kommentar der „Aktuellen Kamera“ über die neuerliche Entscheidung der DDR-Regierung, Flüchtlinge, die sich in der BRD-Botschaft in Prag befinden, mit Sonderzügen ausreisen zu lassen. Götz Förster polemisiert gegen die Aufnahme von Flüchtlingen in BRD-Botschaften: "Bonn bricht das Völkerrecht"
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Die DDR Fernsehjournalisten Susanne Köpcke, Janos Gyarmati und Julia Kuhnert beobachten zufällig die Ereignisse am Dresdener Hauptbahnhof in der Nacht vom 4. zum 5. Oktober, wo es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Ausreisewilligen sowie Demonstranten und den DDR-Sicherheitskräften kommt. Sie nehmen die Berichterstattung auf. Am nächsten Tag in Berlin wird das Material für die Verwendung gesperrt. Erst in der „Klartext“-Reportage „Nanu, Herr Bergatschow“ am 12. Februar 1990 werden Ausschnitte des Materials gesendet.
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"Klartext" vom 12.02.1990, Dresdner Hauptbahnhof 4./5. Oktober 1989
"Klartext" vom 12.02.1990, Dresdner Hauptbahnhof 4./5. Oktober 1989

05. Oktober

Fernsehdiskussion „Der deutsche Friedensstaat“ zum 40. Jahrestag der DDR mit Otto Reinhold, Erich Hahn, Karl-Eduard von Schnitzler und Max Schmidt. Über die Medien hatte man im Vorfeld der Sendung angekündigt, dass Zuschauer telefonisch Fragen zur Politik an die Gäste stellen dürften. Die Gesprächsrunde sollte der Startschuss für eine Diskussion über die Situation im Lande sein. Kurz vor der Sendung lässt Erich Honecker anordnen, dass alle kritischen Fragen zu unterbleiben hätten. Die Sendung gerät zur Farce. Zur Premiere der Sendereihe das „Donnerstag-Gespräch“ am 19. Oktober 1989 findet die Gesprächsrunde in fast gleicher Besetzung noch einmal statt.
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"Der deutsche Friedensstaat" vom 05.10.1989
"Der deutsche Friedensstaat" vom 05.10.1989

08. Oktober

Der Allgemeine Deutsche Nachrichtendienst (ADN) vermeldet zu den Demonstrationen am Jahrestag der DDR-Gründung am 7. Oktober in Berlin, dass „Randalierer“ versucht hätten, die Volksfeste zum 40. Jahrestag zu stören.
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09. Oktober

Erster Bericht der „Aktuellen Kamera“ über die Demonstrationen im Land. Kommentator Olaf Dietze bezeichnet die Demonstranten als „Randalierer“.
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Kurt Masur verliest den „Appell der Sechs“ über den Sender Leipzig, der von ihm, von Peter Zimmermann, Bernd-Lutz Lange, Jochen Pommert, Roland Wötzel und Kurt Meyer verfasst ist. Die Teilnehmer der Montagsdemonstrationen und die Sicherheitskräfte werden darin zur Besonnenheit aufgerufen.
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11. Oktober

Das Präsidium des Schriftstellerverbandes der DDR verabschiedet eine Resolution, in der es Reformen fordert und bekundet: „Die Ignoranz der Medien ist unerträglich.“
Alle Sender des Rundfunks der DDR bringen im Abendprogramm den Wortlaut der Erklärung des Politbüros des ZK der SED, in der die Probleme im Land zum ersten Mal offiziell benannt werden.  

13. Oktober

Die letzte Folge der Reihe „Wettlauf mit der Zeit“ wird im Fernsehen der DDR gesendet.
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16. Oktober

Der Radiosender DT 64 ruft seine Hörer zu allen Formen der Meinungsäußerung zu den Tagesereignissen auf und berichtet in seiner Nachmittagssendung „direkt“ als einziger zentraler Sender in einem Live-Bericht über das Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche.
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Beim Sender Leipzig kommt es erstmals zu einer Live-Berichterstattung von den Montagsdemonstrationen.
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17. Oktober

Interview der „Aktuellen Kamera“ mit Generalstaatsanwalt Günter Wendland zu den Behauptungen, dass Bürger wegen der Teilnahme an Demonstrationen von der Polizei misshandelt worden seien.
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"Aktuelle Kamera" vom 17.10.1989, Günter Wendland im Interview
"Aktuelle Kamera" vom 17.10.1989, Günter Wendland im Interview

18. Oktober

Rücktritt von Erich Honecker, Günter Mittag und Joachim Herrmann, dem ZK-Sekretär für Agitation und Propaganda.
Der neue SED-Generalsekretär Egon Krenz wendet sich über das Fernsehen mit einem Kommuniqué an die Bürger der DDR. Er spricht auch eine offenere Berichterstattung der Journalisten im Land an.
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19. Oktober

Erste Sendung vom „Donnerstag-Gespräch“ mit einer Gesprächsrunde mit Otto Reinhold, Erich Hahn, Karl-Eduard von Schnitzler und Max Schmidt. Zuschauer können den Gästen telefonisch Fragen stellen. Die Sendung hatte in ähnlicher Besetzung bereits am 5. Oktober stattgefunden, bei dieser durften die Teilnehmer allerdings keine kritischen Fragen beantworten.
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Die Funktion des Sekretärs für Agitation in der SED-Führung wird mit dem Rücktritt Joachim Herrmanns abgeschafft. Die Agitationskommission und die Abteilung Agitation beim ZK der SED werden aufgelöst. Die zentrale „Anleitung“ der Massenmedien findet damit ihr Ende.
Der Verband der Journalisten der DDR (VDJ) fordert eine Wende in der Medienpolitik.
Der Verband der Film- und Fernsehschaffenden (VFF) fordert „ein vom Volk akzeptiertes Fernsehen“.
Radio DDR 1 sendet in Abänderung des Programms die erste Folge der Live-Diskussionsrunde „Debatte“ mit dem Thema: „Welche Chancen gibt es für einen Neubeginn?“

23. Oktober

Die letzte Folge des militärpolitischen Magazins „Radar“ wird im Fernsehen der DDR gesendet.
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"Radar" vom 23.10.1989
"Radar" vom 23.10.1989

24. Oktober

Fernsehen und Rundfunk der DDR übertragen erstmals ganztägig aus der Volkskammer.
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30. Oktober

Nach fast 30 Jahren wird die Propagandasendung „Der schwarze Kanal“ von und mit Karl-Eduard von Schnitzler aus dem Programm genommen. Die 1519. Folge dauert keine fünf Minuten.
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Aktentasche von Karl-Eduard von Schnitzler
Aktentasche von Karl-Eduard von Schnitzler
Die neue Nachrichtensendung „AK zwo“ startet im zweiten Programm des DDR-Fernsehens.
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31. Oktober

Alle DDR-Radiosender strahlen die Verlesung einer Erklärung der Parteiaktivtagung des Rundfunks der DDR aus, in der die Rundfunkjournalisten eine „einseitige, geschönte Berichterstattung“ zugeben und sich dazu bekennen, „dass wir in der Vergangenheit der hohen Verantwortung nicht gerecht geworden sind“.
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02. November

Das Fernsehmagazin „Objektiv“ berichtet über die Flucht von DDR-Bürgern über Ungarn.
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"Objektiv" vom 02.11.1989, Grenzübergangsstelle Hegyeshalon (Ungarn)
"Objektiv" vom 02.11.1989, Grenzübergangsstelle Hegyeshalon (Ungarn)
Bei Radio DDR I wird die Sendereihe „Das Wirtschaftsmagazin“ eingestellt, bei Radio DDR II die Sendung „Das Wort auf der Waage“, die seit 1979 bestand und sich mit den West-Medien auseinandersetzte.

03. November

Das „Neue Deutschland“ entschuldigt sich bei seinen Lesern für den Abdruck eines Interviews mit dem Mitropa-Koch H. Ferworn am 21. September 1989, der behauptet hatte, von „Menschenhändlern“ nach Wien entführt worden zu sein. Am 4. Januar 1990 wird dem Thema im Fernsehen der DDR eine Reportage mit dem Titel „Die Menthol-Zigaretten-Story. Eine Geschichte aus der alten DDR“ gewidmet.
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Wolfgang Lippe verliest in der „AK zwo“ eine Erklärung der SED-Kreisleitung, in der sich das Fernsehen der DDR für die Berichterstattung der Vergangenheit entschuldigt.
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04. November

Das Fernsehen der DDR, Radio DDR 1 und der Berliner Rundfunk übertragen die größte Demonstration im Herbst 1989 live vom Alexanderplatz. Bei der Kundgebung der Kulturschaffenden sprechen unter anderem Stefan Heym, Christoph Hein, Christa Wolf, Markus Wolf und Günter Schabowski.
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Demonstration der Künstler und Kulturschaffenden in Berlin am 04.11.1989
Demonstration der Künstler und Kulturschaffenden in Berlin am 04.11.1989
Auf „Stimme der DDR“ startet das „Öko-Magazin“.

05. November

Die Reportage zur Ausreiseproblematik „Warum wollt ihr weg?“ läuft im Fernsehen der DDR.
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06. November

Erste Sendung der Fernsehmagazin- und Reportagereihe „Klartext“ mit dem Thema „Ist Leipzig noch zu retten?“ über den Verfall der Altbausubstanz der Stadt. Zum ersten Mal wird dieses Thema im Fernsehen der DDR offen angesprochen.
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"Klartext" vom 06.11.1989, Verfallener Altbau in Leipzig
"Klartext" vom 06.11.1989, Verfallener Altbau in Leipzig

07. November

Der Schriftsteller Stefan Heym tritt zum ersten Mal wieder im Fernsehen der DDR auf. Er liest „Märchen für kluge Kinder“.
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08. November

Der neue SED-Generalsekretär Egon Krenz kritisiert die bisherige Medienpolitik.
Die Schriftstellerin Christa Wolf fordert in einem Fernsehappell die ausreisewilligen DDR-Bürger zum Bleiben auf.
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Im Frühprogramm der Stimme der DDR wird letztmalig die Kommentarreihe „Einblicke“ ausgestrahlt, die die West-Medien kommentierte. Stattdessen kommt eine „Presseschau“ neu ins Programm.

09. November

Direktübertragung der Pressekonferenz mit Günter Schabowski zum Verlauf und den Beschlüssen der 10. Tagung des Zentralkomitees der SED: "... haben wir uns entschlossen, heute eine Regelung zu treffen, die es jedem Bürger der DDR möglich macht über Grenzübergangspunkte der DDR auszureisen.“
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"Aktuelle Kamera" vom 09.11.1989, Günter Schabowski
"Aktuelle Kamera" vom 09.11.1989, Günter Schabowski
Eine Aufzeichnung der „AK zwo“ wird täglich über 3sat ausgestrahlt.

10. November

Rundfunk und Fernsehen der DDR berichten über die offenen Grenzübergänge.
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"Aktuelle Kamera" vom 10.11.1989, Hartmut Bartz am Brandenburger Tor
"Aktuelle Kamera" vom 10.11.1989, Hartmut Bartz am Brandenburger Tor

12. November

Das Fernsehen der DDR sendet die Lesung des Schauspielers Ulrich Mühe im Deutschen Theater in Ostberlin aus dem autobiografischen Bericht von Walter Janka „Schwierigkeiten mit der Wahrheit“. Das Buch erschien vor den Ereignissen des Herbstes 1989 in der Bundesrepublik, durfte in der DDR jedoch nicht verlegt werden.
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13. November

Auf der 11. Tagung der 9. Volkskammer der DDR, die vom Fernsehen direkt übertragen wird, treten Volkskammerpräsident Horst Sindermann und alle Präsidiumsmitglieder zurück. Die Volkskammer wählt Günther Maleuda zum neuen Präsidenten der Volkskammer. Zudem treten alle Mitglieder des Ministerrats zurück und Hans Modrow wird zum neuen Vorsitzenden des Ministerrates der DDR gewählt. Willi Stoph, Ernst Höfner, Gerhard Schürer und Erich Mielke beantworten auf der Tagung Fragen der Abgeordneten und versuchen sich zu rechtfertigen. Erich Mielke spricht die oft zitierten Worte: „Ich liebe, ich liebe doch alle, alle Menschen. Na ich liebe doch, ich setze mich doch dafür ein!"
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16. November

In Stimme der DDR wird die erste Sendung der wöchentlichen Radio-Gesprächsrunde „Klartext“ gesendet.

17. November

Direktübertragung von der zweitätigen 12. Tagung der 9. Volkskammer der DDR mit der Wahl des Ministerrats der DDR und der Regierungserklärung von Ministerpräsident Hans Modrow.
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20. November

DT 64 und SFB II strahlen ihre Frühsendungen Morgenrock und Morgenecho gemeinsam aus dem Funkhaus Nalepastraße in Ostberlin aus.

21. November

Erste Sendung des Umweltmagazins „Ozon“ im Fernsehen der DDR.
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"Ozon. Das Umweltmagazin" vom 21.11.1989
"Ozon. Das Umweltmagazin" vom 21.11.1989
Die SED-Kreisleitung im Fernsehen der DDR erklärt geschlossen ihren Rücktritt. Auch Heinz Adameck, Vorsitzender des Staatlichen Komitees für Fernsehen, verabschiedet sich aus dieser Funktion.

23. November

Die Sendung „Prisma“ im DDR-Fernsehen erzielt mit 32,1 Prozent ihre höchste gemessene Einschaltquote seit ihrem Bestehen. Thema der Folge waren unter anderem die Privilegien des früheren Ersten Sekretärs der SED-Bezirksleitung Erfurt, Gerhard Müller, zu denen die Nutzung eines Jagdschlosses im Thüringer Wald gehörte.
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Stimme der DDR und Deutschlandfunk schalten sich um 6.45 Uhr zusammen und gestalten für einige Minuten erstmals ein gemeinsames Frühprogramm.
Das Jugendmagazin „Elf 99“ sendet eine Reportage aus der Regierungssiedlung Wandlitz, nachdem der erste Versuch in der Siedlung zu filmen am 21. November 1989 vor laufender Kamera gescheitert war.
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28. November

Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Sender Rostock und dem NDR, dem Sender Leipzig und dem NDR-Landesstudio Hannover und zwischen dem Sender Weimar und dem Hessischen Rundfunk kommen zustande.
Der Sender DT 64 und das Jugendmagazin „Elf 99“ schalten sich für ein Interview mit dem Sänger Udo Lindenberg im Jugendradio zusammen. Lindenberg ist das erste Mal nach sechs Jahren wieder in der DDR.
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30. November

Der Ministerrat der DDR beschließt auf Weisung Modrows die Auflösung der Staatlichen Komitees für Rundfunk und Fernsehen.
Hans Modrow beruft Hans Bentzien und Manfred Klein zum 1. Dezember als neue Generalintendanten für Fernsehen und Rundfunk.

01. Dezember

Hans Bentzien und Manfred Klein werden neue Generalintendanten für Fernsehen und Rundfunk.
Die Träger von 3sat laden das Fernsehen der DDR ein, sich an dem Kulturkanal zu beteiligen.
Das erste Konzert von Wolf Biermann in der DDR, dreizehn Jahre nach seiner Ausbürgerung, wird im Fernsehen der DDR gesendet.
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02. Dezember

Bei Radio DDR 1 startet die Diskussionsrunde „Für und Wider – Politik am Runden Tisch“.
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03. Dezember

Der Fernsehfilm „Geschlossene Gesellschaft“, der nur einmal, am 29. November 1978, im Fernsehen der DDR ausgestrahlt werden durfte, wird gesendet.
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„Geschlossene Gesellschaft“ (1978) von Frank Beyer
„Geschlossene Gesellschaft“ (1978) von Frank Beyer

06. Dezember

Die Fernsehreihe „Modekiste“ wird zum letzten Mal im Fernsehen der DDR ausgestrahlt.
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Sendung eines Treffens des „Elf 99“-Teams mit Vertretern der Soldaten des Wachregiments Felix Dzierzynski, deren Kasernen nur wenige Meter neben dem Gelände des Deutschen Fernsehfunks liegen. Die Soldaten erklären, „missbraucht“ und „betrogen“ worden zu sein und bekennen sich zu den revolutionären Veränderungen im Land.
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07. Dezember

„Elf 99“ sendet die Reportage "’Sesam öffne dich’ - Mitarbeiter für nationale Sicherheit sagen aus“ aus dem ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit (MfS) an der Normannenstraße.
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Radio DDR ändert sein Pogramm und berichtet teilweise live von der ersten Tagung des Zentralen Runden Tisches in Berlin. Das Fernsehen überträgt erst die folgenden Tagungen.
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08. Dezember

Rundfunk und Fernsehen der DDR berichten letztmals vollständig vom Parteitag der SED. Auf dem außerordentlichen Parteitag in Berlin am 8. und 9. Dezember wird eine Parteiauflösung abgelehnt. Gregor Gysi wird neuer Vorsitzender der SED.
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09. Dezember

Die Ursendung des im April 1989 produzierten Hörspiels „Kahlköpfe“ von Andreas Golle, das nicht ausgestrahlt werden durfte, findet im Rundfunk der DDR statt.
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11. Dezember

In der DDR-Programmzeitschrift „FF dabei“ erscheinen erstmals auch die westdeutschen Programme.

12. Dezember

Eine Arbeitsgruppe Fernsehversorgung wird eingesetzt, die Lösungsvorschläge für einen erweiterten Empfang von Ost- und West-Fernsehen ausarbeiten soll.

18. Dezember

Die erste Folge der Wahl-Sendereihe „Mit dem Gesicht zum Volke“ wird im Fernsehen der DDR ausgestrahlt.
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"Mit dem Gesicht zum Volke" vom 18.12.1989
"Mit dem Gesicht zum Volke" vom 18.12.1989

20. Dezember

Der Ministerrat der DDR fasst den „Beschluss über das Fernsehen der DDR und den Rundfunk der DDR vom 21. Dezember 1989“ als Rechtsnachfolge der beiden Staatlichen Komitees für Fernsehen und Rundfunk.  
Der Berliner Rundfunk sendet das 1976 produzierte aber nicht gesendete Hörspiel „Der Aufstieg auf den Fudschijama“.
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21. Dezember

Das Pioniermagazin „mobil“ wird zum letzen Mal im Fernsehen der DDR ausgestrahlt.
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Das Studio von "Mobil" mit dem Moderator Andreas Brückner, Foto: DRA/Sandau
Das Studio von "Mobil" mit dem Moderator Andreas Brückner, Foto: DRA/Sandau
Das bisherige Staatliche Komitee für Rundfunk trägt ab sofort den Namen „Rundfunk der DDR“ und das Staatliche Komitee für Fernsehen nennt sich „Fernsehen der DDR“.

22. Dezember

Das Fernsehen sendet eine Direktübertragung von der Öffnung des Brandenburger Tors.
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31. Dezember

Mit dem „Scharfen Kanal“ sendet das Fernsehen der DDR wieder politisches Kabarett.
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"Der scharfe Kanal" vom 31.12.1989
"Der scharfe Kanal" vom 31.12.1989
Die Direktübertragung von „Elf 99“ von der Silvesterfeier am Brandenburger Tor wird von Ausschreitungen und einem schweren Unfall überschattet. 135 Menschen werden verletzt, als eine Videoleinwand des DDR-Fernsehens zusammenbricht, die Feiernde zum Aufstieg auf das Brandenburger Tor benutzt hatten. Ein Mensch stirbt bei dem Unglück. Bei der Neujahrsparty wird die Quadriga des Brandenburger Tors stark beschädigt.
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Chronik des DDR-Sports 1989

15. November

Das Zentrale Doping-Kontroll-Labor des Sportmedizinischen Dienstes der DDR in Kreischa ist Mittelpunkt einer Pressekonferenz. Die anwesenden Journalisten werden über die derzeitige Doping Situation vom stellvertretenden Direktor des Sportmedizinischen Dienstes, Manfred Höppner, der Leitung des Zentralinstituts, Rolf Donath, der Laborleitung und einigen Mitgliedern der Subkommission Antidoping (IOC) informiert.
Durch eine 3:0 Niederlage im WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich in Wien verpasst die DDR-Mannschaft die Teilnahme an der WM-Endrunde 1990 in Italien.
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25. November

Beim Handball-Supercup trifft die DDR im zweiten Halbfinale auf Jugoslawien. Das Spiel wird in Dortmund ausgetragen. Erstmals präsentiert sich die DDR-Mannschaft mit Trikotwerbung der Kaufhauskette „Kaufhof“.  
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30. November

Auf der zweitägigen Klausursitzung des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) wird vom Bundesvorstand das neue Präsidium vorgestellt. Als DTSB Präsident wird Klaus Eichler bestätigt. Die Tagung findet in der Sportschule Kienbaum statt.
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"Aktuelle Kamera" vom 30.11.1989, Pressekonferenz des DTSB, Klaus Eichler
"Aktuelle Kamera" vom 30.11.1989, Pressekonferenz des DTSB, Klaus Eichler

01. Dezember

Erstmals muss ein Fußballspiel wegen Smog abgesagt werden. Das Spiel sollte zwischen Lok Leipzig und Dynamo Dresden ausgetragen werden. Die Smog-Einsatzstufe zwei lässt keine Veranstaltungen im Freien zu.
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12. Dezember

In Kienbaum wird das bestehende Präsidium mit dem Sekretariat des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) und der Präsident Klaus Eichler abgewählt. Die Arbeit des DDR-Sportverbandes übernimmt, bis zu einem Sondersporttag Anfang 1990, ein aus dem DTSB rekrutierter Arbeitsausschuss.
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16. Dezember

Bei einer Pressekonferenz im Haus des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) wird der Wechsel von Andreas Thom (Fußballer) zum Bundesligisten Bayer Leverkusen verkündet. Andreas Thom unterschreibt einen Vertrag für 2 ½ Jahre und ist damit der erste DDR-Fußballer, der nach dem Mauerfall einen Profivertrag mit einem westdeutschen Verein abschließt. Bei der Bekanntmachung wird Bayer Leverkusen von Reiner Calmund vertreten.
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"Sport Aktuell" vom 16.12.1989, Andreas Thom
"Sport Aktuell" vom 16.12.1989, Andreas Thom